Hintergrund zur Spendenverteilungspraxis auf den Philippinen

Gepostet am Nov 23, 2013

San-Ahan, Negros, Philippinen, 22. November 2013
Nachdem die ersten Maninoy-Hilfsaktionen für Leyte abgeschlossen waren, ist das Hilfsteam auf die Projektfarm in die Berge von Negros gereist. Von hier aus wird nun eine weitere Hilfsaktion geplant, die sich auf die Bereitstellung von Baumaterialien zum Aufbau von Behausungen der betroffenen Opfer des Taifuns in der Ortschaft Balagtas konzentriert. Mario Dietrich hofft, dass die internationale und staatliche Nothilfe, die mittlerweile in Leyte in der Hafenstadt Ormoc mit Nahrungsmitteln angekommen ist, bald auch im 20 km entfernten Balagtas eintreffen wird. Bisher ist diese aber noch nicht dort angekommen und die Bewohner sind immer noch auf sich selbst gestellt bzw. auf die Hilfe von Verwandten von anderen Inseln oder aus dem Ausland. Uns erreichen Berichte über Missbrauch von Hilfsgeldern, die momentan auch politisch motiviert sind. Ende Oktober fanden auf den Philippinen Kommunalwahlen statt und die Bevölkerung ist im Moment immer noch politisch eingestellt. Um Kommunalwahlen herum und speziell Bürgermeisterwahlen teilt sich die Bevölkerung in die Lager der verschiedenen Kandidaten auf (i.d.R. zwei Lager). Das führt soweit, dass manchmal sogar Freunde aus verschiedenen Lagern in dieser Zeit nicht mehr miteinander sprechen und sich nicht grüßen. Oft kommt es auch zu Krawallen und gewalttätigen Attacken auf die Unterstützer des gegnerischen Lagers und für Ausländer ist es ratsam, in dieser Zeit nicht am falschen Platz zu sein oder sich gar politisch auf eine Seite zu schlagen. Maninoy ist auch von daher grundsätzlich unpolitisch eingestellt und geht soweit, das Patenfamilien, die in einer Ortschaft leben, auch immer aus unterschiedlichen politischen Lagern sind, um die richtige Balance zu haben, damit man nicht zum Ziel der Gegenseite wird, sondern nachhaltig Projekte unterstützen kann. Es geht bei Wahlen, wie so oft ums Geld und es ist kein Geheimnis, dass auf den Philippinen die Wählerstimmen gekauft werden. Die Wechselwähler erhalten dabei von beiden Seiten Geld, aber diejenigen, die sich im Voraus für eine Seite entscheiden, werden später auch mit verschiedenen Begünstigungen des Wohlsiegers belohnt. In unserem traurigen Fall erhielt ein Politiker aus Nord-Leyte kürzlich Hilfsgelder aus dem Ausland, die er versprach, an die verzweifelten Opfer des Taifuns in seiner Ortschaft zu verteilen. Er ließ zehn Reissäcke kaufen und verteilen, erhalten haben aber nur diejenigen Opfer Reis, die ihn auch gewählt hatten. Die Menschen des anderen politischen Lagers, ob hungrig oder nicht, sind leer ausgegangen. Auch unserem Hilfsteam in Balagtas wurde letzte Woche der Vorschlag gemacht, den Reis doch erst an das Lager des momentanen Ortsvorstehers zu verteilen. Unser Team konnte dies entschieden ablehnen, da es von außerhalb Leytes kommt und keine politischen Abhängigkeiten zur Lokalpolitik in Balagtas bestehen. Es wurde auch vor zwei Tagen im philippinischen Fernsehen berichtet, dass die philippinischen Hilfsorganisationen und die Ortsvorsteher der Gemeinden auf Leyte in einer hitzigen Diskussion sind, wer nun die Hilfsgüter an die Bedürftigen verteilen darf. Warum sich die Ortsvorsteher so um die Verteilung reißen, dürfte offensichtlich sein. Es ist bekannt, dass die Philippinen im Korruptionsranking weltweit unter den Top 10 sind, aber dass die Korruption einzelner Politiker nicht einmal vor der Hilfe bei Naturkatastrophen halt macht, ist traurig.